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Monday, March 31, 2008

Reisen oder nicht reisen

Reisen oder nicht reisen:
Tourismus aus Sicht des Engagierten Buddhismus

Von Sukthawee Suwannachairop

In der heutigen Welt ist die Zahl der Touristen größer als die Bevölkerung irgendeines einzelnen Landes. Der Tourismus als Freizeitaktivität ist zu einem wichtigen Teil der meisten Volkswirtschaften, insbesondere Thailands, geworden. Aus Sicht eines Engagierten Buddhisten ist der Konsum von Erlebnissen in der immer weiter wachsenden Freizeitindustrie der Hauptgrund für Selbsttäuschung und Zerstreuung.

Der Engagierte Buddhismus ist eine Bewegung, die versucht, die traditionellen buddhistischen Ideale von Weisheit und Mitgefühl in der heutigen Welt umzusetzen. Er bezieht sich auf die buddhistische Ethik, buddhistische Lehren und Sichtweisen und versucht, sie auf das gesellschaftliche Leben und soziale Fragen anzuwenden.

Durch die Tourismusmentalität wird der/die Einzelne abgelenkt und von sich selbst und seiner Umgebung getrennt. Mit professionellen Marketing- und Werbeteams bombardiert die Tourismuswirtschaft die Menschen mit Träumen, durch den Konsum fantastischer Reisen glücklich zu werden. Mit zunehmender Geschwindigkeit der Technologie und Transportmittel werden wir durch die modernen Gesellschaften, in denen wir leben, unbarmherzig verführt, geködert, gezwungen und durch alle Medien mit der Botschaft konfrontiert, dass wir mehr reisen und mehr konsumieren sollten.

Der Tourismus als Unterhaltung ist unersättlich und führt tendenziell zu Betäubung. Einzelne Menschen werden Opfer dieser Industrie und fragen schließlich ständig nach Erlebnissen, die unterhaltsamer, exklusiver, luxuriöser, exotischer sind.

Aus Sicht des Engagierten Buddhismus muss man sich die weiter gehenden Fragen anschauen: welche Rolle der Konsum für die Art und Weise spielt, in der wir unserem Leben einen Sinn geben. Der Buddhismus betrachtet “Tanha”, das Verlangen oder die Begierde, als eine der grundlegenden Ursachen des Leids. Engagierte Buddhisten sehen, dass Verlangen oder Gier ein fundamentaler motivierender Faktor in unserer Konsumgesellschaft ist.

Eine weitere Sorge Engagierter Buddhisten in Bezug auf die Tourismuswirtschaft sind deren Auswirkungen auf die Umwelt. Zum Beispiel erlaubt es der moderne Tourismus den Reisenden, große Entfernungen zurückzulegen, was eine große Menge an Energie kostet und eine enorme Umweltverschmutzung verursacht.

Die Grundlage einer buddhistischen Umweltethik hat ihre Wurzeln in einer der wichtigsten und zugleich elementarsten Weisheiten des Buddhismus – dem Prinzip des “Entstehens in Abhängigkeit“. Es stellt eine ökologische Sichtweise dar, nach der “nichts für sich allein und aus sich allein heraus existiert, sondern nur als ein Kontext von Beziehungen, ein Nexus von Faktoren, deren seltsame Verkettung allein den Ursprung, Fortbestand oder das Ende einer Sache bestimmt”, erläutert Brian Edward Brown, ein Wissenschaftler, der die buddhistische Perspektive der Umweltethik untersucht.

Umweltschutz ist eines der Schwerpunktthemen, dem sich Engagierte Buddhisten hingebungsvoll widmen. Einer der berühmtesten Engagierten Buddhisten, seine Heiligkeit der Dalai Lama, meint, dass ein Gefühl 'universeller Verantwortung' im Mittelpunkt der ökologischen Ethik stehe. Daher sind Engagierte Buddhisten nicht einverstanden mit dem Tourismus im modernen Sinne, der der Natur viel Schaden zufügt. Engagierte Buddhisten bitten diejenigen, die Reisen müssen, ihre Wahl zu überdenken und beim Reisen aufmerksam zu sein, damit sie nur minimale Auswirkungen auf die Gesellschaften und die Umwelt verursachen.
Natürlich reisen Buddhisten auch. Insbesondere Mönche werden traditionell zum Reisen ermutigt. Doch sie reisen anders, mit anderen Mitteln und Zielen. Es gibt eine buddhistische Tradition, die man “Dhutanga“ (Läuterungsmittel) nennt, das asketische, einsame und meditative Wanderleben einiger “Bhikkhus“ (Mönche). “Dhutanga“ sind buddhistische Praktiken, um sich durch Disziplin und Einsamkeit selbst zu verstehen, und nicht um wie beim Reisen zu Freizeitzwecken einfach Spaß und Erinnerungen zu sammeln.

Warum soll man heute noch wandern, wo es doch möglich ist, mit dem einen oder anderen Verkehrsmittel rasch überall hin zu kommen? Welche Absicht hat der “Bhikkhu“, der “Dhutanga“ praktiziert und seinen Weg lieber zu Fuß zurücklegt? Bhikkhu Khantipalo antwortet: “Es gibt eine ganze Menge Gründe, warum man lieber auf diese Weise reist. Zum Beispiel geht der Wanderer leise und nur so schnell oder langsam, wie er möchte. Er gerät nicht in Kontakt mit anderen, die seinen besinnlichen Weg stören könnten, und er kann an einem Ort bleiben, so lange es ihm gefällt – und diesen Ort wieder verlassen, wenn er möchte. Dies ist in der Tat der Weg der Freiheit. Die modernen Arten zu reisen sind gut, um schnell an einen Ort zu gelangen, aber nicht hilfreich, um Erleuchtung zu erlangen. Das Praktizieren von “Dhutanga“ könnte helfen, Entsagung und Zufriedenheit zu kultivieren.”

Reisen oder nicht reisen

Gibt es aus Sicht des Engagierten Buddhismus für einen Laien, der kein Mönchsleben führen und “Dhutanga“ praktizieren kann, irgendeine dem Buddhismus entsprechende Art und Weise zu reisen?

Man sollte nicht die Möglichkeit außer Acht lassen, dass Reisen zu Freizeitzwecken für die Reisenden eine komplexe Erfahrung mit spiritueller Bedeutung sein kann. Es ist möglich, dass gewissenhafte Reisende ein verehrungswürdiges Bewusstsein für die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten des menschlichen Lebens entwickeln, wenn sie Gesellschaften und Menschen treffen, die anders als ihre eigenen sind.

Es ist möglich, dass Touristen oder Reisende während ihrer Reise ein erhöhtes Bewusstsein ihrer Selbst und darüber hinaus gewinnen können. Wundervolle Destinationen können Reisenden den Rahmen bieten, um ein tiefgehendes Bewusstsein und Verständnis für das Leben zu kultivieren. Aus Sicht eines Engagierten Buddhisten liegt die Verantwortung daher auf unseren eigenen Schultern, zu analysieren und zu bewerten, ob eine Reise uns und anderen wirklich nutzt und gleichzeitig Gesellschaften und der Natur so wenig wie möglich schadet.

Sukthawee Suwannachairop ist buddhistischer Mönch, ordiniert in Korea, und lebt derzeit in Bangkok/Thailand.

Gekürzte Fassung des Beitrags “To Go or Not To Go“ aus “Transforming Tourism/Re-forming Tourism“, Hg. Ecumenical Coalition on Tourism (ECOT), Chiang Mai. In Vorbereitung, erscheint voraussichtlich im März 2008.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp
(6.481 Anschläge, 90 Zeilen, März 2008)

http://www.tourism-watch.de/dt/50dt/50.buddismus/index.html